Deutschland

Studie: "Energiearmut" deutlich zugenommen, 87 Prozent der ärmsten Haushalte überlastet

Gemäß Bericht des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen (SVRV) sind inzwischen 43 Prozent aller Haushalte durch Energiekosten überlastet und von Armutsrisiko bedroht. In der untersten Einkommensgruppe sind sogar 87 Prozent aller Haushalte betroffen.
Studie: "Energiearmut" deutlich zugenommen, 87 Prozent der ärmsten Haushalte überlastetQuelle: www.globallookpress.com

Der massive Anstieg der Energiepreise belastet die Haushalte in Deutschland deutlich. Um 52 Euro stiegen die monatlichen Abschlagszahlungen für Strom und Heizung seit März 2022 im Mittel, wie der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) in seinem jährlichen "Policy Brief" mitteilte. Gemäß dem Bericht sind inzwischen 43 Prozent aller Haushalte durch Energiekosten überlastet und von Armutsrisiko bedroht. Folgen hat das vor allem für ärmere Haushalte: Im untersten Fünftel (Quintil, 20 Prozent) nach Einkommen sind sogar 87 Prozent aller Haushalte betroffen. Die Sachverständigen sprachen sich für eine Verlängerung der Energiepreisbremsen aus.

In den einkommensschwächsten Haushalten habe die Energiekostenbelastung "besonders stark zugenommen", hob der Sachverständigenrat (SVRV) hervor. Dies lasse sich unter anderem dadurch erklären, dass ärmere Haushalte häufiger zur Miete und in schlechter isolierten Wohnungen leben. Deshalb werde in den einkommensschwächsten Haushalten häufiger mit Energieträgern wie Öl und Gas geheizt, die sich in der Energiekrise besonders stark verteuert haben. Die laufenden Kosten von Wärmepumpen hingegen lägen "auf den Quadratmeter gerechnet deutlich darunter".

Laut SVRV zeigen Daten für insgesamt 4.444 Haushalte, dass die monatlichen Abschlagszahlungen für Strom und Heizung seit März vergangenen Jahres im Median um 33 Prozent zulegten, was etwa 52 Euro entspricht. Median bedeutet, dass 50 Prozent der Haushalte darüber liegen und 50 Prozent darunter.

Bei mittleren Einkommen war der Anstieg mit 57 bis 60 Euro demnach besonders hoch. Die einkommensschwächsten Haushalte verzeichneten mit 45 Euro allerdings einen ähnlich hohen Kostenanstieg wie die wohlhabendsten Haushalte mit 50 Euro. "Dabei verfügen letztere über einen deutlich größeren Wohnraum – mit entsprechend mehr zu beheizender Wohnfläche", erklärte der Sachverständigenrat.

Dies habe dazu geführt, dass die Energiekostenbelastung unter den einkommensschwächsten Haushalten "besonders stark" zugenommen habe. Im einkommensschwächsten Fünftel der Bevölkerung betrug der Anteil der Energiekosten am Haushaltseinkommen im Juni 2023 demnach 16 Prozent – nach 12 Prozent im Vorjahr. Im zweitärmsten Fünftel stieg der Anteil von acht auf elf Prozent.

Zum Vergleich: Das wohlhabendste Fünftel (5. Quintil) der Haushalte wendet laut SVRV "gerade einmal vier Prozent des Haushaltseinkommens für Energiekosten auf". Eine gängige Faustregel besage, dass Energiekosten zur finanziellen Überlastung eines Haushalts führen können, wenn diese mehr als zehn Prozent von dessen Nettoeinkommen betragen, erklärte der Sachverständigenrat.

"Obwohl die Welle der Kostensteigerungen langsam abebbt und die Entlastungspakete der Bundesregierung wirken, müssen untere Einkommen strategisch besser vor hohen Energiepreisen geschützt werden", forderte der Sachverständigenrat deshalb. SVRV-Mitglied Veronika Grimm sprach sich dafür aus, Preisbremsen für Strom und Gas über den kommenden Winter bis Ende April 2024 zu verlängern. Auch gab sie privaten Verbrauchern die Möglichkeiten für einen Wechsel zu günstigeren Anbietern zu prüfen. 

Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke hat die Resultate der Studie öffentlich zur Kenntnis genommen. In einem Kommentar bestätigte sie, dass die Bundesregierung weiterhin bestrebt sei, die "untere Einkommensgruppen" mit Hilfspaketen entlasten zu wollen. "Zum Schutz vor Energiearmut waren mir die Gas- und Strompreisbremsen besonders wichtig. Diese begrenzen die Energiekosten der Verbraucherinnen und Verbraucher ganz unmittelbar. Auch bei gesunkenen Preisen sollten die Preisbremsen als Sicherheitsnetz bis Ende April nächsten Jahres verlängert werden", so Lemke. 

Gestiegene Energiekosten sind laut Verbraucherzentrale der erste Grund, warum die Nahrungsmittel innerhalb eines Jahres zwischen September 2022 und September 2023 im Durchschnitt um 7,5 Prozent teurer geworden sind. Auch versteckte Preiserhöhungen sowie "die schwierige internationale politische Lage und Arbeitskräftemangel" spielten eine Rolle. Allerdings steigen Lebensmittelpreise nicht erst seit einem Jahr, sondern bereits seit dem Sommer 2021. "Wenn man die Preise im September 2023 mit der Zeit vor den Preisschocks ab Juni 2021 vergleicht, ergibt sich sogar eine Steigerung um knapp 28 Prozent." In den letzten Monaten seien die Lebensmittelpreise vor den Energiepreisen maßgebliche Treiber der Inflationsrate, so die Verbraucherzentrale. 

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