Meinung

Von der Leyen feiert "einen großen Tag für Europa" – während Bauern Brüssel verwüsten

Die nicht gewählte Präsidentin der Europäischen Kommission machte ihre Prioritäten deutlich, indem sie eine weitere Entsorgung von europäischen Steuergeldern in die Ukraine bejubelte, statt diese 50 Milliarden Euro für die EU-Landwirte zu verwenden, um ihnen Lasten abzunehmen.
Von der Leyen feiert "einen großen Tag für Europa" – während Bauern Brüssel verwüstenQuelle: AFP © John Tyhs

Von Rachel Marsden

"Einigung! Der Europäische Rat hat unsere Prioritäten umgesetzt. Unterstützung der Ukraine. Bekämpfung der illegalen Migration. Unterstützung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Ein guter Tag für Europa."

Dies twitterte Ursula von der Leyen als nicht gewählte Präsidentin der Europäischen Kommission am vergangenen Donnerstag, während ihr Landwirte aus der ganzen EU in Brüssel "gratulierten", indem sie Eier in Richtung des EU-Parlaments warfen, auf den Straßen Feuer entfachten und überall in der Stadt Gülle entleerten, nachdem Berichten zufolge 1.300 Traktoren zum Protest zusammengekommen waren.

Es geschah sicherlich in Erwartung dieses "großen Tages für Europa", dass man in Brüssel Stacheldraht ausrollen ließ, um die protestierenden Bauern in Schach zu halten, während deren Obrigkeit der Ukraine einen weiteren Scheck ausstellte – nachdem sie wegen des zu erwartenden Widerstands aus Budapest damit gedroht hatte, die nationale Wirtschaft Ungarns zu ruinieren. Das hatte den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán dazu veranlasste, von "Erpressung" zu sprechen. Man mag es kaum glauben, dass diese Zusammenkunft der EU-Granden tatsächlich in Brüssel stattfand. Diese Technokraten sind dermaßen von der Realität um sich herum abgekoppelt, dass ihre Zusammenkunft genauso gut auf einem anderen Planeten hätte stattfinden können.

Im Gegensatz zu den ukrainischen Lebensmitteln, die ihren Weg auf die Teller in Westeuropa finden, um damit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin den Stinkefinger zu zeigen – nachdem Rollkragenpullover und kurze, kalte Duschen offenbar nicht die gewünschte Wirkung zeigten –, ist diese Krise nachweislich von der EU selbst verursacht worden. Niemand weiß das besser als die Bauern, die auch erkannt haben, dass es sinnvoller ist, die Straßen von Brüssel zu blockieren, als die Nationalstraßen ihrer Heimatländer, was sie ja mit überwältigender Unterstützung der Bevölkerung bereits getan hatten. Im Falle von Frankreich unterstützen neun von zehn Bürgern die Anliegen der Bauern, folgt man einer aktuellen Umfrage von Odoxa.

Es war diese EU-Kommission mit ihrer Besessenheit vom Klimawandel, die den Landwirten in der gesamten EU eine allgemein gültige Agrarpolitik aufzwang, verwaltet von Bürokraten, die von der Realität völlig abgehoben haben. Diese Schreibtischhelden nutzen Copernicus-Satellitenbilder der EU-eigenen "Augen auf Europa", um Landwirte auszuspionieren und dann hart gegen sie vorzugehen, falls nämlich deren Betriebswirtschaft nicht im Einklang mit den Vorgaben der EU steht, und zwar selbst dann, wenn gewisse Abweichungen von den EU-Vorgaben auf vorübergehende und unkontrollierbare Umweltbedingungen wie das Wetter zurückzuführen sind.

Es war auch die EU, die unter dem Vorwand, die Qualität landwirtschaftlicher Produkte sicherzustellen, zahlreiche Vorschriften erlassen hat und es gleichzeitig zuließ, dass die EU mit Getreide, Geflügel und anderen Importen aus der Ukraine überschwemmt wird. Stellt die Massenproduktion von "Tschernobyl-Hähnchen" durch Beschäftigte, die in der ukrainischen Agrarwirtschaft dafür einen Hungerlohn erhalten, etwa keine Gefahr für die körperliche Gesundheit der EU-Bürger und das wirtschaftliche Wohlergehen der EU-Landwirte dar? Wenn nicht, warum kann man dann in Brüssel nicht auch den eigenen Landwirten den Strick vom Hals nehmen, damit sie unter denselben lausigen Wettbewerbsbedingungen gegen diese Konkurrenz aus der Ukraine antreten können? Ebenso hat die EU aus heiterem Himmel beschlossen, einige Einschränkungen bei den Pestiziden zu lockern, was allerdings Die Grünen verärgert hat. Paris vertritt die Meinung, dass ideologisch motivierte Verbote abgeschafft werden müssen, was ein stillschweigendes Eingeständnis von deren Nutzlosigkeit zu sein scheint. Worüber sollten wir uns dann mehr Sorgen machen: Über ideologisch motivierten Autoritarismus unter dem Vorwand des angeblichen Schutzes der öffentlichen Gesundheit oder über tatsächliche Gefahren für diese?

Und was ist mit den ukrainischen Getreidelieferungen, für die die EU Russland aufforderte, die Blockade von Häfen am Schwarzen Meer aufzuheben, um die Hungernden in den Entwicklungsländern zu ernähren? Es stellte sich schließlich heraus, dass die Türkei und Russland völlig zu Recht Alarm schlugen, weil das ukrainische Getreide direkt hinter der Tür zur EU wieder abgeladen wurde. Im Nachhinein sieht es danach aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin in Wahrheit ein größerer Hüter der Interessen von EU-Landwirten ist als Brüssel. Aber wer wundert sich überhaupt noch über die falschen Prioritäten in Brüssel, wenn man sich vor Augen hält, dass weitere 50 Milliarden Euro nach Kiew sprudeln, zur Unterstützung eines Landes, das überhaupt kein Mitglied der EU ist und dessen Landwirte munter die eigenen Landwirte in der EU unterbieten dürfen?

Es war auch die EU, die sich selbst, ihrer gesamten Bevölkerung, ihrer Industrie und ihren Landwirte den billigen russischen Energiezustrom abgedreht hat. Das hatte zur Folge, dass die Inflation hochschnellte, was wiederum dazu führte, dass die Verbraucher sich billigeren Nahrungsmitteln zuwandten, was den Handel dazu veranlasste, billiger einzukaufen, was wiederum ukrainische Importe begünstigte. Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte an, dass er jetzt gegen diese Handelsunternehmen gnadenlos vorgehen wolle, anstatt selbst die Verantwortung für seine eigene Untätigkeit zu übernehmen oder die Granden in Brüssel für eine von oben verordnete Anti-Russland-Politik verantwortlich zu machen, die weitaus mehr Schaden als Nutzen bewirkt hat.

Die Probleme der Bauern sind existenzieller Natur. Und während einige französische Bauerngewerkschaftsführer angesichts der jüngst versprochenen Reformen, die der französische Premierminister Gabriel Attal angekündigt hat, die Aussetzung der Blockaden gefordert haben, ist nicht klar, ob ihnen die Basis tatsächlich noch lange zuhören wird. Die Basis sind Leute, die nicht viel reden, aber wenn sie es tun, tun sie es sehr direkt und unverblümt, so wie mir ein Bauer sagte: "Wir stecken vielleicht mit den Füßen im Dreck, aber unser Dreck ist sauber." Und zwar im Gegensatz zu manchen Politikern, die je nach Publikum unterschiedliche Narrative anbieten. Nach der Aufhebung der Blockaden am vergangenen Freitag in Brüssel geben selbst Gewerkschaftsvertreter zu, dass die Antwort seitens derselben Landwirte "katastrophal" enden könnte, sollten die angekündigten Maßnahmen der Regierung und deren Umsetzung nicht in Kürze erfolgen.

Für viele Landwirte, mit denen ich gesprochen habe, sind aber auch diese Maßnahmen unzureichend und kommen viel zu spät. Das durchschnittliche Einkommen eines französischen Landwirts, das laut Statistiken der Regierung im Jahr 2021 auf etwa 17.700 Euro pro Jahr geschätzt wurde – bei regelmäßig 70 Stunden Arbeit die Woche –, geriet seitdem noch stärker unter Druck. Doch die Regierungen in der EU haben darauf beharrt, genau diese eine Kuh weiter zu melken, bis nichts mehr übrig bleibt, das da noch zu holen wäre. Wie sonst sollte man die leichtsinnige Entscheidung erklären, die Steuern auf Treibstoffe für Agrarmaschinen jährlich Jahr um drei Cent pro Liter zu erhöhen? Dieses Beharren auf die Beibehaltung einer solchen Politik zu einer Zeit, in der die Energiepreise aufgrund reflexartiger und ideologisch getriebener antirussischer Handlungen bereits schon in die Höhe geschossen sind?

Bis zu jenem Tag, als massenhaft Traktoren auf die französischen Autobahnen drängten, zeigte Paris kein Interesse daran, diese Politik umzukehren – eine Politik, die  entgegen jeder pragmatischen Realität das Ziel hat, weg von der konventionellen Energie einen "grünen Übergang" voranzutreiben. Offensichtlich waren der französischen Regierung die verheerenden Auswirkungen sogar bewusst, denn in diesem Punkt machte sie die allerersten Zugeständnisse. Diese Zugeständnisse versuchte Attal am 26. Januar wie einen Bremsklotz den vorrückenden Traktoren entgegenzustellen – aber die Bauern fuhren einfach darüber hinweg und forderten mehr.

Anschließend unterbrach die ungekrönte "Königin Ursula" für einen Moment ihre Lobhudeleien für die Ukraine als den derzeitigen Erzfeind aller EU-Landwirte und schlug vor, doch den "Verwaltungsaufwand" zu verringern. Schade, dass sie das nicht bereits getan hat, lange bevor sie die Ukraine überhaupt in den europäischen Markt einschleuste. Ich schätze, sie würde auch dafür einfach Putin verantwortlich machen, weil er sie ja dazu gezwungen hatte. Die Bürokratie im Bereich der Agrarwirtschaft ist zum jetzigen Zeitpunkt so überwältigend maßlos, dass von der Leyens Vorschlag bei den Bauern ungefähr so ankommt, als würde sie anbieten, Ertrinkenden im Meer einen rettenden Eimer zuzuwerfen. Sie selbst hätte den aufgetürmten Papierkram jederzeit beenden können, tat es aber nicht.

Woher hätte sie auch wissen können, dass ihre Demagogie der europäischen Landwirtschaft den Garaus macht? Man sollte meinen, ein erster Hinweis wäre die Tatsache, letztlich hatte die EU-Politik dazu geführt, dass niederländische Landwirte gezwungen werden, Agrarflächen an die Regierung zu abzutreten, weil doch die Stickstoffemissionen ihrer Rinder, die darauf weideten, die klimapolitischen Grenzwerte überschritten.

Macron hat nun damit begonnen, sich bei der EU dafür einzusetzen, die ukrainischen Agrarimporte einzuschränken. Wow! Man könnte meinen, diese Traktoren wären jene sagenhaften "Transformers", die sich nun erhoben haben, um Brüssel in den Hintern zu treten – wenn man sieht, wie sich all diese EU-Staats- und Regierungschefs plötzlich in Aktionismus üben. Aber die Tatsache ist erbärmlich, dass ein gewählter Staatspräsident sogar den Hut vom Kopf nehmen und nicht gewählte Brüsseler Bürokraten anzuflehen muss, anstatt souveräne Entscheidungen im besten Interesse seines eigenen Landes zu treffen. Was ist, wenn die in Brüssel Nein sagen? Was dann? Glaubt Macron, dass er das neue Mercosur-Freihandelsabkommen, das zur Unterzeichnung bereitsteht und das die Europäische Union mit noch mehr Agrarprodukten aus Brasilien und dem Rest Südamerikas überschwemmen wird, im Alleingang und dauerhaft zum Scheitern bringen kann?

Wenn Macron oder irgendein anderer EU-Staatschef wirklich Mut hätten, dann hätten sie ein Veto gegen diese 50 Milliarden Euro für die Ukraine eingelegt und verlangt, dass diese Gelder für die EU-Landwirte aufgewendet werden, um denen die Last von den Schultern zu nehmen und so die Blockaden aufzulösen. Damit hätte die EU viel Zeit gewinnen können, um herauszufinden, wie man den Schlamassel beseitigen kann, der durch Korruption im eigenen Haus und durch Sonderinteressen angerichtet wurde – und das alles in der Hoffnung, dass eines Tages auch Menschen, die ehrliche Arbeit leisten, einen entsprechend anständigen Lebensunterhalt verdienen können.

Übersetzt aus dem Englischen

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Website findet man unter rachelmarsden.com.

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