Meinung

Können Grüne rechnen? Ricarda Lang will noch mehr Schattenhaushalte

Die Schuldenbremse erweist sich immer mehr als künstliches Hindernis, dem man dann mit einem teuren Manöver ausweichen kann. In den letzten Jahren wucherten die Schattenhaushalte wie Pilze im Dunkeln. Grünen-Chefin Lang will noch eins drauflegen.
Können Grüne rechnen? Ricarda Lang will noch mehr SchattenhaushalteQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/M. Popow

Von Dagmar Henn

Sicher, niemand erwartet mehr, dass die Grünen rechnen können. Aber ist das nur haushaltspolitische Verblödung oder böse Absicht? Die Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, fordert nun, die nötigen Investitionen des Bundes, etwa die Wiederherstellung der vielen maroden Brücken, über öffentliche Investitionsgesellschaften zu finanzieren. Warum? Weil man sich darauf geeinigt habe, die Schuldenbremse nicht anzutasten.

So enttarnt sich diese Schuldenbremse als der Betrug, den Kritiker von Anbeginn in ihr vermuteten. Nur zur Erinnerung – vor nicht allzu langer Zeit lag der Leitzins noch so tief, dass der Bund sogar Geld obendrauf bekam, wenn er Kredite aufnahm. Nur dass die Schuldenbremse dies verhinderte, auch für die schon vor drei Jahren maroden Brücken.

Inzwischen sind die Leitzinsen deutlich höher, was selbstverständlich auch heißt, dass Kredite, die der Bund aufnehmen muss, um die Funktionsfähigkeit der Autobahnbrücken zu erhalten, heute deutlich mehr Zins kosten als noch vor zwei, drei Jahren, selbst wenn man den Irrwitz außer Acht lässt, ausgerechnet zu dem Zeitpunkt keine Schulden machen zu wollen, an denen man dank negativer Verzinsung auch noch Geld dafür bekommt.

Wenn es nur die reine Heuchelei wäre, dann ginge das ja noch. Schlicht nicht eingestehen zu wollen, dass diese Schuldenbremse eine Idiotie war, reine Propaganda, und man jetzt leider feststellen hat müssen, dass sich weder Brücken noch Bahngleise von allein reparieren. Für die Bundeswehr, die auf einmal so wichtig ist, für Rüstungskäufe hat man ja schon diesen Schattenhaushalt geschaffen. Und wie das in der lendenlahmen Presse heutzutage ist, wurde nicht einmal eingefordert, dann wenigstens diese Schuldenbremse wieder abzuschaffen, statt sich ständig zu verrenken, um sie zu umgehen. Warum sollte man die Wohnung durchs Klofenster betreten, wenn man den Haustürschlüssel hat?

Die neueste Nummer, die nun Frau Lang vorschlägt, weckt allerdings einen ganz anderen Verdacht. Bundeseigene Investitionsgesellschaften, die mit Eigenkapital ausgestattet werden, um dann Kredite aufzunehmen? Das enttarnt die Schuldenbremse endgültig als Manöver, um den Banken Geld zukommen zu lassen.

Warum? Weil jede bundeseigene Firma, selbst wenn es eine Garantie des Bundes für von ihr aufgenommene Kredite gibt, für diese Kredite höhere Zinsen zahlen muss als der Bund selbst. Ganz zu schweigen davon, dass auch das Eigenkapital, mit dem diese Firma ausgestattet wird, Geld ist, das für die Zeit des Bestehens dieser Firma dort feststeckt, also nicht für andere Aufgaben verwendet werden kann. Sollte diese Investitionsgesellschaft auch noch eine haftungsbegrenzende Rechtsform haben, dann ist die mögliche Höhe der Kredite abhängig von der Höhe des Eigenkapitals.

Das heißt, im Vergleich zu einer direkten Schuldenaufnahme durch den Bund und eine entsprechende Verwendung der dadurch erhaltenen Mittel gibt es gleich zwei Verlustquellen: die höheren Zinsen und das dadurch festgelegte Eigenkapital. Von der schier unbeschreiblichen Idiotie, Probleme, die seit Jahren bekannt sind, so lange liegen zu lassen, bis die Finanzierung wirklich teuer wird, mal abgesehen.

Die Banken allerdings dürfte dieses Manöver freuen. Schließlich verdienen sie an Bundesschatzbriefen nicht viel, die traditionelle Form der Schuldenaufnahme des Staates dürfen sie gerade mal vermitteln. Bei diesen Investitionsgesellschaften ist dann schon deutlich mehr zu holen, weil es eben keine Schatzbriefe mehr sind, sondern kommerzielle Kredite, vielleicht zu einem etwas niedrigeren Zinssatz, so es denn Bürgschaften des Bundes geben sollte, aber auf jeden Fall ein Geschäft.

Nicht zu vergessen, bei jeder derartigen Investitionsgesellschaft werden auch Geschäftsführungsposten frei, auf denen man gut verdienen kann. Auch sie wären bei einer vernünftigen Finanzierung völlig überflüssig. Aber die Ampelkoalitionäre haben viele Freunde.

Und natürlich ist die öffentliche Aufsicht über solche Gesellschaften weit geringer, als sie es bei einer Abwicklung über den Bundeshaushalt wäre. Da lässt sich noch viel mehr herausholen, über PR-Aufträge oder Subunternehmen oder Beratungsfirmen ...

Wobei hinter diesen Investitionsgesellschaften, wenn sie aus den Reihen der Grünen vorgeschlagen werden, gleich noch etwas anderes lauert: diese Gesellschaften nicht im Eigentum des Bundes zu betreiben, sondern, mit der Erklärung, man habe ja gar nicht so viel Geld, dann private "Partner" mit in diese Gesellschaften zu nehmen. Die dann selbstverständlich auch eine Verzinsung ihres eingelegten Kapitals garantiert bekommen, wie bei der Autobahngesellschaft, die eigentlich nur ein Projekt des Bundes zur Rettung der großen Versicherungen ist, die so an eine risikofreie Anlagemöglichkeit kommen, die mit Steuergeldern finanziert wird.

Das wäre dann eine Ausweitung der berüchtigten "Private-Public-Partnerships" durch die Hintertür; jener vermeintlichen "Partnerschaften" mit privaten Investoren, die dafür sorgen, dass man für die gleiche Menge an Steuergeldern wesentlich weniger Leistung erhalten wird. Nicht ohne Grund sind solche Projekte politisch schwer durchsetzbar; fast jede Stadt hat aus der Hochzeit dieser Projekte noch ein Verwaltungsgebäude, das verkauft und dann überteuert zurückgemietet wurde, mit guten Gewinnen für den privaten "Partner" und hohen Verlusten für den öffentlichen.

Könnte es sein, dass das der Sinn und Zweck der ganzen Schuldenbremse war? Eine reguläre öffentliche Finanzierung unmöglich zu machen, um dann erklären zu können, man müsse das leider, leider auf diese völlig absurde Weise lösen, denn da sei ja die heilige, unantastbare Schuldenbremse?

Würde die Presse noch ihren Job machen, sie müsste wie eine hungrige Meute über diese Pläne herfallen. Nachdem aber schon bei der Einführung der Schuldenbremse nur sehr wenige erkannten, wie die Folgen aussehen würden (das war kurz nach der Finanzkrise 2008, nachdem man Hunderte Milliarden in die Rettung der Banken gesteckt hatte), ist kaum damit zu rechnen, dass bei Langs Vorschlag zwei und zwei zusammengezählt wird.

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