Europa

Brüsseler Doppelmoral: Das Getreideabkommen und der Hunger

Das Echo auf die Aufkündigung des Getreideabkommens durch Russland war deutlich: Russland würde Hunger als Waffe einsetzen. Was dabei verschwiegen wird, ist, dass die EU Lieferungen von russischem Dünger nach wie vor verhindert. Die Hungermacher sitzen in Brüssel und nicht in Moskau.
Brüsseler Doppelmoral: Das Getreideabkommen und der HungerQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Martin Wagner

Russland würde Hunger als Waffe benutzen, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) angesichts des Rückzugs Russlands aus dem Getreideabkommen. Auch Bundeskanzler Scholz verurteilte den russischen Schritt. Allerdings misst die Bundesregierung in diesem Zusammenhang erneut mit zweierlei Maß.

In einem Beitrag beleuchtet der außenpolitische Blog German-Foreign-Policy die Situation genauer. Zwar sei unstrittig, dass das ukrainische Getreide einen wichtigen Beitrag zur globalen Versorgung leiste, heißt es dort. Bleiben Lieferungen aus, erhöhe sich das Risiko von Hunger und Unterversorgung vor allem in den ärmeren Ländern. Allerdings, so der Blog, sei dies auch bei den Sanktionen des Westens der Fall. Die EU erlaube russische Ausfuhren dann, wenn sie sie selbst benötigt ‒ Ausfuhren, die in anderen Ländern dringend benötigt werden, unterbinde sie jedoch regelmäßig. 

German-Foreign-Policy weist zudem darauf hin, dass die EU im vergangenen Jahr den Markt für Flüssiggas leergekauft habe, was in Ländern des Globalen Südens zum Teil schwerwiegende Folgen gehabt hätte. Die traditionellen Abnehmerländer konnten bei den massiven Preissteigerungen nicht mithalten und gingen leer aus. Die Folge war eine massive Energiekrise, beispielsweise in Pakistan mit flächendeckenden Stromausfällen, verbunden mit Stilllegungen ganzer Industrien und Stromrationierung für den privaten Sektor. 

Russland beschwert sich vor allem darüber, dass die EU ihren Teil der Abmachung nicht eingehalten habe. So sei versprochen worden, russischen Dünger von den Sanktionen auszunehmen. Das ist jedoch nur auf dem Papier der Fall ‒ faktisch ist der Kauf von russischem Dünger weiterhin kaum möglich, da er durch die Finanzsanktionen nicht bezahlt werden kann. Russland wurde im Rahmen der einseitigen Sanktionen vom internationalen Verrechnungssystem SEPA abgeschnitten. 

"Letzteres gilt gleichermaßen dafür, dass die westlichen Russland-Sanktionen immer noch russische Getreide- und Düngemittelexporte behindern. Zwar hat der Westen beides formal von seinen Zwangsmaßnahmen ausgenommen. Doch werden die Lieferungen weiterhin von den Sanktionen gegen die russische Finanz- und Transportbranche behindert: Getreide und Dünger dürfen zwar theoretisch geliefert, können aber weder transportiert noch bezahlt werden."

Damit trägt die EU eine Verantwortung für künftige Hungerkatastrophen. Die EU und die Ukraine unterbinden beispielsweise die Lieferung von Ammoniak, wodurch die Getreidepreise, die aktuell auf hohem Niveau verharren, mittelfristig wieder steigen dürften. Der Energie- und Düngemittelpreis beeinflusse den Getreidepreis wesentlich stärker als die Exportschranken, schreibt der Blog. 

Während der Handel zwischen der EU und Russland mit Rohstoffen funktioniert, die in der EU benötigt werden, weil der Staatenverbund hier keine Handelsbeschränkungen verhängt, unterbindet die EU den Handel mit wichtigen Gütern zwischen Russland und den Staaten des Globalen Südens. 

"Stillgelegt hat die Ukraine hingegen die Togliatti-Pipeline, die Ammoniak aus Russland nach Odessa leitet, um den globalen Düngemittelmarkt beliefern zu können; an ihr hat die EU kein Interesse, während ihre Stilllegung dem Globalen Süden deutlich schadet. Auch die im Süden fehlenden russischen Düngemittellieferungen interessieren die EU nicht."

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