Nahost

Iranischer Präsident in Ankara: Enge Partnerschaft trotz geopolitischer Differenzen

Teheran und Ankara liegen in mehreren geopolitischen Fragen über Kreuz. Die beiden Länder standen jahrelang in Syrien auf gegnerischen Seiten. Zugleich vertiefen beide Nachbarländer ihre Handelsbeziehungen und seit dem Gaza-Krieg nähern sie sich wieder an.

Von Armin Schmitt

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi ist am Mittwoch von Teheran aus zu einem zuvor zweimal verschobenen Besuch in die Türkei gereist, bei dem der Krieg im Gazastreifen und bilaterale Fragen, einschließlich des Handels, im Mittelpunkt standen. Wegen des Terroranschlags von Kerman mit mehr als 90 Toten musste Raisi seine Reise kürzlich verschieben. Als Recep Tayyip Erdoğan den iranischen Präsidenten in Ankara mit militärischen Ehren samt Reiterstaffel empfing, stand die Terrorbekämpfung ganz weit oben auf der Agenda. Beide Staaten sehen sich im Visier der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Nach dem Tod von neun türkischen Soldaten in jüngsten Gefechten mit der PKK im Nordirak ist Erdoğan außerdem daran gelegen, die Zusammenarbeit mit Iran im Kampf gegen die kurdische PKK und deren iranischen Ableger PJAK auszubauen.

Das türkische Präsidialamt teilte bereits mit, dass Erdoğan mit dem iranischen Präsidenten auch über "die israelischen Angriffe auf Gaza und die besetzten palästinensischen Gebiete" sprechen wolle. Beide Länder drängen auf eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen. Schon seit Längerem ächten iranische Medien die Türkei aufgrund ihrer "heuchlerischen" Haltung im Nahostkonflikt. Denn sie verurteile Israel zwar, halte aber an diplomatischen Beziehungen mit dem jüdischen Staat fest und betreibe weiterhin Handel mit ihm. Die iranische Regierung drängt muslimische Länder, ein Handelsembargo gegen Tel Aviv zu verhängen. Doch für die Türkei bleibt Israel ein wichtiger Absatzmarkt. Unter anderem exportiert Ankara Stahl und Eisen nach Israel. Öllieferungen aus Aserbaidschan an Israel werden auch über die Türkei abgewickelt. Die türkischen Exporte nach Israel stiegen von 319,5 Millionen Dollar im November auf 430,6 Millionen Dollar im Dezember und lagen damit über den Exportmengen von 408,3 Millionen Dollar im Juli vor der Operation der Hamas im Hinterland Israels.

Würden nur alle Staaten ihre Beziehungen mit Israel abbrechen, sagte Raisi nun neben Erdoğan, "dann würde auch die Gewalt zu Ende gehen." Raisi nennt den Staat Israel nur "das zionistische Regime", welches im Nahen Osten "das Hauptproblem" sei. Der Oberste Führer Irans, Ali Chamenei, sagte letzte Woche, dass Teheran und Ankara sich zusammenschließen müssten, um Israel entgegenzutreten und den brutalen Angriff auf den Gazastreifen zu beenden. 

Die beiden Länder standen jahrelang in Syrien auf gegnerischen Seiten: Iran unterstützte den syrischen Staat, während die Türkei auf der Seite der Islamisten stand, die wiederum vergeblich versuchten, Präsident Assad zu stürzen. Auch im Südkaukasus haben Iran und die Türkei sowohl gemeinsame als auch gegenläufige Interessen. Im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan wollen beide Länder abwenden, dass die USA und Frankreich eingreifen. Die Türkei steht aber fest an der Seite Aserbaidschans, während Iran Armenien unterstützt. Den türkisch-aserbaidschanischen Plänen eines Transportkorridors durch armenisches Gebiet steht Teheran skeptisch gegenüber.

Zugleich vertiefen beide Nachbarländer ihre Handelsbeziehungen. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim erklärte Raisi vor seiner Abreise aus Teheran gegenüber Journalisten, dass Iran hoffe, ein Ziel von 30 Milliarden US-Dollar im jährlichen Handelsaustausch mit der Türkei festzulegen. Dazu unterschrieben ihre Vertreter in Ankara mehrere Abkommen. Die beiden Staaten sind wichtig füreinander: Die Türkei bezieht Erdgas aus Iran. Teheran ist wegen der westlichen Sanktionen wirtschaftlich angeschlagen und braucht Handelspartner wie die Türkei.

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