Wie Airbnb in Brüssel gegen Auflagen europäischer Kommunen lobbyiert
Zahlreiche Städte weltweit haben seit einigen Jahren ein Problem: Die zunehmende touristische Vermietung von Wohnungen führt zum Verlust von Wohnraum und zu steigenden Mieten. Der größte Akteur auf diesem Gebiet ist die US-amerikanische Vermittlungsplattform Airbnb.
Vor zehn Jahren gegründet, hat sich Airbnb mittlerweile zu einem mächtigen Konzern entwickelt, der fünf Millionen Wohnungen in 81.000 Städten in 191 Ländern vermittelt und einen Marktwert von 30 Milliarden Dollar erreicht hat. Hinter dem Unternehmen stehen einflussreiche Geldgeber wie JP Morgan Chase, Andreessen Horowitz und der Founders Fund; Airbnb selbst beschreibt sich dagegen als "Community auf Vertrauensbasis".
In Europa stößt das Unternehmen zunehmend auf Widerstand. Mehrere europäische Großstädte haben Konzepte entwickelt, um die ausufernde touristische Vermietung zu beschränken und den Wohnraum für ihre Bürger zu sichern. Unter ihnen sind Paris, Amsterdam, Kopenhagen, Barcelona und Berlin.
In Paris gilt ein sogenanntes Kompensationsgebot, nach dem ein Wohnungsbesitzer, der dem Wohnungsmarkt eine Wohnung entzogen hat, im selben Viertel für Ersatz sorgen muss. Darüber hinaus müssen sich Vermieter bei der Stadt registrieren lassen. Auch in Amsterdam gilt eine Registrierungspflicht, Wohnungen dürfen seit diesem Jahr nur noch für einen Monat pro Jahr vermietet werden. Barcelona hat Airbnb unter Androhung eines Zwangsgeldes dazu gezwungen, alle Angebote bei den städtischen Behörden registrieren zu lassen.
In Berlin gilt seit dem 1. August dieses Jahres das neue Zweckentfremdungsverbots-Gesetz. Wenn mehr als 49 Prozent einer Wohnung vermietet werden, benötigt der Vermieter nun eine kostenpflichtige Genehmigung des zuständigen Bezirksamts. Wer weniger vermietet, muss auch dies dem Amt mitteilen und erhält von diesem eine Registrierungsnummer. Zweitwohnsitze dürfen nur noch an 90 Tagen im Jahr vermietet werden, bisher waren es 180.
Die Umsetzung dieser Maßnahmen verläuft schleppend. Es gibt monatelange Wartezeiten, für die Registrierung verlangen die Bezirke außerdem zahlreiche Nachweise. Das Echo der Vermieter ist zurückhaltend. Bisher sind etwa 1.000 Anmeldungen bei den Ämtern eingegangen, demgegenüber sind allein bei Airbnb 25.000 Unterkünfte in Berlin gelistet.
Erklärtes Ziel des Senats ist es, das kommerzielle Anbieten von Wohnraum als Ferienwohnungen zu beenden. Die neue Registriernummer soll dabei die Kontrolle erleichtern. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt. Der Senat will prüfen, ob Vermieter die Einnahmen der letzten zehn Jahre ordentlich versteuert haben. Bislang war es für Vermieter bei der Vermietung über Airbnb leicht, die Steuer zu umgehen. Dies dürfte ein Grund für die Zurückhaltung der Vermieter sein, sich bei den Bezirksämtern registrieren zu lassen.
Der Beitrag von Airbnb und anderer Vermietungsportale zur Knappheit auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist durchaus substanziell, zumal die angebotenen Wohnungen sich in wenigen, besonders begehrten Stadtteilen konzentrieren. Allerdings ist das Problem weit größer: Schätzungen zufolge fehlen in Berlin etwa 300.000 Wohnungen. Hauptursache für diesen Mangel dürfte die verfehlte Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahre gewesen sein, zu der auch der großangelegte Verkauf von Wohnungen durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gehörte.
Wie andere europäische Städte fordert Berlin von Airbnb die Herausgabe der Vermieterdaten. Das Unternehmen weigert sich, bislang mit Erfolg. Das Bezirksamt Pankow erlitt im März 2018 gegen Airbnb eine Niederlage vor dem Berliner Verwaltungsgericht. Einige Städte, wie etwa München, haben sich mittlerweile darauf verlegt, die ohne Genehmigung annoncierten Wohnungen in detektivischer Kleinarbeit selbst ausfindig zu machen und die Vermieter zur Rechenschaft zu ziehen.
Airbnb geht noch auf ganz anderer Ebene gegen die zunehmenden kommunalen Kontroll- und Einhegungsbestrebungen vor. Das Unternehmen pflegt gute Kontakte zur EU-Kommission. Dort setzt sich Airbnb im Verbund mit anderen Vermittlungsplattformen wie HomeAway und dem Wirtschaftsverband European Holiday Home Association dafür ein, dass die Maßnahmen der Kommunen als Verletzung der Regeln des Europäischen Binnenmarktes eingestuft werden.
Gegen die Städte Barcelona, Berlin, Paris, Amsterdam läuft eine offizielle Beschwerde. Das Verfahren könnte bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gehen. Die Brüsseler NGO Corporate Europe Observatory beurteilt die Aussichten für die Städte skeptisch und die Rolle der Kommission negativ. In ihrem in diesem Frühjahr vorgestellten Bericht UnFairbnb stellt die Organisation fest, dass die Kommission bestrebt sei, die EU-Regeln im Sinne der Vermietungsplattformen auszulegen und die verstärkte Lobbyarbeit von Airbnb offenbar Wirkung zeige.
Zwar hatte die Kommission Airbnb erst im Juli wegen dessen Geschäftsbedingungen und der intransparenten Preisgestaltung abgemahnt und dem Unternehmen eine Frist bis Ende August gesetzt, um die festgestellten Mängel zu beseitigen. Allerdings hatte die zuständige Kommissarin Vera Jourova im gleichen Atemzug erklärt, dass "exzessive Maßnahmen" gegen Airbnb nicht zu erwarten seien.
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