Meinung

Ukrainische Faschisten als Scharfmacher für den Atomkrieg: Weltweite Bandera-Lobby aufgedeckt

Obwohl der ukrainische Nationalistenführer Stepan Bandera schon seit 64 Jahren tot ist, ist die sog. Bandera-Lobby heute mehr denn je lebendig. Ohne das Interesse mächtiger Akteure im Westen und ihrem Wirken wären die ukrainischen Faschisten jedoch eine bedeutungslose Sekte geblieben.
Ukrainische Faschisten als Scharfmacher für den Atomkrieg: Weltweite Bandera-Lobby aufgedecktQuelle: Sputnik

Von Wladislaw Sankin 

"Viele Leute wissen, dass der deutsche Journalismus nach dem 24. Februar 2022 durch Propaganda ersetzt wurde, deswegen greifen sie zu dieser kleinen Zeitung", sagt nicht ohne Stolz der langjährige Chef-Redakteur der linken Zeitung "Junge Welt" Arnold SchölzelGerade nahm er an der Abschlussdiskussion der von der Jungen Welt organisierten Fachkonferenz "Der Bandera-Komplex: Der ukrainische Faschismus – Geschichte, Funktion, Netzwerke" teil. Steigende Auflagen und steigende Zugriffe im Internet seien ein sicheres Zeichen davon. Besonderes Augenmerk werde dabei auf geschichtliche Hintergründe, politische und ökonomische Zusammenhänge gelegt, so der Publizist. 

Bis zu 250 Gäste haben den Rednern der Konferenz im komplett ausverkauften Münzenbergsaal des ND-Hauses zugehört, hinzu kamen mehrere Tausend Zuschauer, die das Geschehen auf der Webseite der Zeitung per Livestream verfolgt haben. Die Beiträge der Konferenz werden auch auf dem Youtube-Kanal als Videos veröffentlicht. Der enorme technische Aufwand, das geradezu erdrückende inhaltliche Ausmaß und die Qualität der Redebeiträge machten die Konferenz zu einem einzigartigen Medienereignis.

Für deren Macher sei es jedoch "erschreckend" gewesen, festzustellen, dass es wohl keine vergleichbare Veranstaltung in Deutschland oder im westlichen Ausland gebe: "Keine Stiftung, keine Partei, keine antifaschistische Organisation hat sich bisher die Mühe gemacht, Hintergründe und Ausmaß der Wirkmächtigkeit ukrainischer Faschisten in Geschichte und Gegenwart zusammenzutragen". Es sei auch extrem schwer gewesen, Forscher und Wissenschaftler zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen: Die einen fürchten um ihre Karriere, andere um ihr Leben. Gekommen sind letztlich zwei Forscher und Aktivisten aus den USA. 

Einer ist Moss Robeson. Der 27-jährige freiwillige Forscher aus dem Bundesstaat New York, deckt in seinen Publikationen die Netzwerke der Bandera-Flügel der Organisation der ukrainischen Nationalisten (OUN-B) auf. Er wolle das Bewusstsein dafür schärfen, dass die OUN-B immer noch eine Bedrohung darstellt, sagte er zu seinen Beweggründen.

"Ich will die Bandera-Lobby aus dem Dunkeln ziehen, denn ich glaube nicht, dass sie im Sonnenlicht überleben kann. Ich möchte deutlich machen, dass sie ein fehlendes Puzzlestück ist, ohne das wir kein vollständiges Bild von dem Ukraine-Konflikt bekommen können. Vielleicht können meine Recherchen Menschen auch dazu bringen zu überlegen, was sie sonst noch alles nicht erfahren haben, und ihnen helfen, das Schweigen und die Propaganda der Medien, die den Faschismus in der Ukraine weißwaschen, zu durchbrechen", so Robeson. 

In seinem ersten Redebeitrag auf der Konferenz hat Robison u. a. bislang wenig bekannte Fakten über Verbindungen der OUN-B in die USA noch in die 1930er-Jahre hinein ans Licht gebracht. Dem Wirken eines verzweigten Lobbynetzwerks bis in die höchsten Etagen der US-Politik in der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart wurde sein zweiter Beitrag gewidmet. Das war der erste große Auftritt auf einer öffentlichen Veranstaltung für den US-Amerikaner, wie er in einem Gespräch mit RT DE deutlich machte.

Ihm zufolge sei die Bandera-Lobby das weltweit agierende Netzwerk aus dem Dunstkreis der OUN-B, vor allem in der ukrainischen Diaspora, einschließlich seiner vielen Tarngruppen. Dazu zählen auch Organisationen, die die Banderisten nicht gegründet, aber übernommen haben, wie das "Ukrainian Congress Committee of America", UCCA und ihre Freunde und Verbündeten. Dazu gehören solche Tarnorganisationen oder – wie die Banderisten sie nennen – "Fassadenstrukturen" wie "World Council of Ukrainian Statehood Organizations". Auch oft als "International Council in Support of Ukraine" genannt, agiert er als Koordinierungsorgan der OUN-B, das früher unter dem Namen "World Ukrainian Liberation Front" bekannt war. 

Nennenswert ist auch die "Ukrainian Youth Association", CYM, die banderistische Jugendverbände in den einzelnen Ländern vereinigt, darunter der militante "Nationalistische Jugendkongress" unmittelbar in der Ukraine. Diese Gruppe stand 2019 unter anderem an der Spitze der ultrarechten "Widerstandsbewegung gegen Kapitulation". Durch Todesdrohungen gegen den damals noch frisch gewählten Präsidenten Wladimir Selenskij und Straßenrandalen vor dem Präsidentenamt hat sie und ihre Partnervereine wie Nationaler Korps von Asow-Gründer Andrej Bilezki maßgeblich zur Verhinderung des Friedensprozesses im Donbass-Konflikt im Rahmen des Minsker Abkommens beigetragen. Damit ließen sie die letzte Hürde auf dem Weg zum heutigen Ukraine-Krieg mit Hunderttausenden Toten fallen. 

Es war zweifellos ein großer Erfolg für die deutschen Gastgeber der Konferenz, dass es ihnen gelungen war, auch den zweiten US-Experten, den 74-jährigen Russ Bellant aus Detroit nach Berlin zu holen. Sein 1988 erschienenes Buch "Old Nazis, the New Right, and the Republican Party" gilt seit Jahrzehnten als Standardwerk über die Zusammenarbeit zwischen europäischen Nazi-Kollaborateuren und dem Weißen Haus in der späteren Phase des Kalten Krieges. In den 1980er-Jahren gelang es ihm an den von CIA organisierten Konferenzen der World Anti-Communist League, kurz WACL, teilzunehmen und Interviews mit deren Teilnehmern zu führen. 

"Die OUN-B war die ukrainische Sektion der WACL. Daher gingen die Gespräche mit ihnen auf den Konferenzen natürlich über Newsletterveröffentlichungen und Festtagssymbolik hinaus. Sie wollten als ebenso relevant wahrgenommen werden, wie es die anderen WACL-Partner waren", erzählt er.  

Ihre späte Rache für den verlorenen Krieg gegen die Sowjetunion, die sie im Tross der Hitler-Truppen geführt haben, nahmen die Banderisten nicht auf dem Kampffeld. Im Laufe der Jahrzehnte ist es ihnen durch unermüdliche Propagandaarbeit gelungen, ihr auf Hass auf Russland basiertes Weltbild der ukrainischen Öffentlichkeit aufzuzwingen und deren beträchtliche Teile für den Kampf gegen alles Russische zu mobilisieren. Dafür haben sie die äußerst blutige OUN-UPA-Geschichte durch Faktenfälschung reingewaschen, sich der antisemitischen Rhetorik entledigt und ein "demokratisches" Image verschafft – ein Meisterstück der Mimikry. Auch ihr Einfluss auf US-Establishment ist inzwischen enorm. 

"Wenn sie über Russland reden, klingen bestimmte Kreise im Westen längst wie Banderisten. Das gilt zum Beispiel für die Behauptungen, es gäbe keine Nazis in der Ukraine, die NATO sei nicht imperialistisch, Russland hingegen das neue Nazi-Deutschland, sogar ein "Völkergefängnis", das in kleine Länder zerschlagen werden müsse – sonst werde es nie Frieden geben. Ebenso für das Narrativ, gegen Russland Krieg zu führen, sei antiimperialistisch, und es dürfe keinen Kompromiss geben, denn der Kreml sei die Quelle des ultimativen Bösen in der Welt", sagt Moss Robeson. 

"Die Banderisten sind eindeutig in den Militär- und Geheimdienstkomplex der USA eingebettet – so wie sie es seit nunmehr 75 Jahren sind. Die USA haben sie zu den Aktionen auf dem Maidan ermächtigt, bewaffnet und trainiert .... Die Banderisten dienen als nützliche Werkzeuge, um die ukrainische Gemeinschaft durch von ihnen kontrollierte Frontorganisationen zu mobilisieren und die Zustimmung der Wähler für diesen Krieg zu bekommen", meint dazu sein Kollege und Mitstreiter Russ Bellant. 

Ein wichtiger Befund der Bandera-Konferenz der deutschen marxistischen Zeitung ist die Erkenntnis, dass das Zusammenwirken der global agierenden Banderisten und US-Establishments brandgefährlich ist und unmittelbar die Gefahr eines Dritten Weltkrieges bedeutet. Der notorische Antikommunismus und antirussische Fanatismus der Banderisten, ihre Entschlossenheit, Tausende eigene und fremde Opfer für ihren Kampf aufzubringen, machte sie noch in den 1930-1940er Jahren zu Komplizen all jener Kräfte, die die Sowjetunion vernichten wollten. Es waren deutsche Nazis und es waren wenig später britische und US-amerikanische Geheimdienste.

In ihrem Fanatismus schreckten sie nicht vor einem bereits Ende der 1940er-Jahre drohenden Dritten Weltkrieg zurück. Es war eine Zeit, als man in London und Washington die Ideen eines Enthauptungsschlages gegen die Sowjetunion diskutierte. Schon damals zogen die Banderisten in einen von CIA unterstützen (Operation Aedodynamic) blutigen Sabotage- und Guerilla-Krieg in der Sowjetukraine. Laut Arnold Schölzel wohl im Bewusstsein, dass der Atomkrieg unvermeidlich und nicht so schlimm sei. 

"Das steht in deren Texten. Wenn man das heute liest, dann läuft es einem kalt den Rücken unter. Der Kerngedanke ist: "Russland muss vernichtet werden, auch wenn die Welt untergeht". Das stieß damals in den USA und im Westen auf Resonanz."

Der Zusammenschluss der USA mit den Banderisten und ähnlich extremistisch gesinnten Kräften, der all die Jahrzehnte nach 1945 nie zum Erliegen gekommen war, erblühte wieder, als in den USA beschlossen wurde, dass Russland besiegt werden muss, um die Weltdominanz wiederzugewinnen, so Schölzel in der Abschlussdiskussion. Ihre anfangs gestellte Frage, ob ukrainische Faschisten und die Bandera-Lobby die Scharfmacher für den dritten Weltkrieg seien, wurde mit einem klaren "Ja" der beteiligten Experten beantwortet. Der Buchautor und langjährige Ukraine-Korrespondent der Zeitung Reinhard Lauterbach fasst zusammen:

 "Aus den Vorträgen des Konferenztages ging eines glasklar hervor: Ohne das Interesse mächtigerer Subjekte an ihrem Wirken wären die ukrainischen Faschisten eine bedeutungslose Sekte geblieben. Der antirussische Fanatismus der Bandera-Milieus ist nur dadurch von politischer Relevanz, dass er benutzt wurde und wird".

Der Bandera-Lobby und anderen neofaschistischen Kräften ist es gelungen, ukrainische Machtorgane und das Bildungssystem maßgeblich zu durchdringen und Wladimir Selenskij auf Eskalationskurs umzulenken. Nun ist Selenskij selbst zu einem militanten Träger ihrer Ideologie geworden. "Wir kämpfen für Euch", sagt er seinen westlichen Gönnern und fordert ständig mehr Waffen. "Das ist eine gute Investition", sagen Biden und andere US-Vertreter im Hinblick darauf, dass Russen und Ukrainer dank US-Unterstützung der banderisierten Ukraine in einem sinnlosen Krieg einander bekämpfen, wodurch Russlands Armee – wie von Washington ausdrücklich erwünscht – starke menschliche und materielle Verluste erleidet. 

Das Event im fernen Berlin-Friedrichshain half auch den beiden US-Experten, sich untereinander besser zu vernetzten. So lernten sie sich im Vorfeld der Konferenz als seine künftigen Teilnehmer in einem Podcast kennen. Im Laufe des Gesprächs erzählte Russ Bellant, dass es ihm mit einem Meinungsartikel bei New York Times vor vielen Jahren gelang, das republikanische Establishment in die Bredouille zu bringen. Der Artikel wurde allerdings nicht vor der Wahl des Republikaners George H.W. Bush zum Präsidenten am 4. November 1988 veröffentlicht, sondern erst zwei Wochen danach. Das war der Kompromiss mit der Redaktion der Zeitung, die seine Enthüllungen teilweise zu brisant fand. Einige US-Medien, darunter das investigative Nachrichtenmagazin des Fernsehsenders CNN "60 Minutes" gingen der Story zwar nach, mussten aber wegen des Drucks aus dem Weißen Haus ihre Recherchen abbrechen. 

"Ich denke, dass wir jetzt in einer anderen Welt gelebt hätten, wenn die Medien dieses Thema in den 1980er-Jahren aufgegriffen hätten. Die heutige Situation mit den Rechtsextremisten und Neonazis in der Ukraine wäre dann im Keim erstickt", sagte Moss Robeson. Bellant stimmte ihm zu: "Es gäbe dann die Orangenrevolution (des Jahres 2004 - Anm. der Redaktion) in der Ukraine nicht, die mithilfe der Fonds und NGOs aus den USA durchgeführt wurde. Die Regierung, die infolgedessen an die Macht kam, hat die ukrainische Nazikollaborateure von SS und UPA gewürdigt und ihnen Rentenansprüche zubilligt", sagte er. 

Es ist klar – und das geht aus den Beiträgen der Konferenz deutlich hervor – dass die politische Bande zwischen der Welthegemonie der USA und dem historisch gewachsenen ukrainischen Faschismus welt- oder sogar atomkriegsbeladen ist. Es ist jedoch unklar, wie sie sonst aufzubrechen ist, wenn nicht auf dem Kampffeld. Daraus ergibt sich die Aufgabe für die Medien, faschistische Elemente in der westlichen Politik unermüdlich aufzudecken. Ob es nun gelingt, die Versäumnisse der 1980er-Jahre mit einer Medienkampagne wiedergutzumachen, ist ungewiss. Zunächst ist es wichtig anzufangen, die Dinge wieder beim Namen zu nennen und gefährliche Netzwerke auf ihrem heutigen Stand erneut zu enthüllen. Dieser Schritt ist der Jungen Welt am Sonntag mehr als gelungen.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.