Meinung

Deutsche Russland-Berichterstattung: Ina Ruck und das Backpulver

An einem bizarren Tweet der ARD-Korrespondentin Ina Ruck zeigt sich die ganze Problematik der einseitigen, desinformierenden deutschen Berichterstattung aus und über Russland. Was eventuell als Witz gedacht war, entpuppt sich als für die deutsche Wirtschaft sehr teuer.
Deutsche Russland-Berichterstattung: Ina Ruck und das BackpulverQuelle: www.globallookpress.com © Boris Roessler

Von Gert Ewen Ungar

Es ist ein merkwürdiger Tweet, mit dem die ARD-Russland-Korrespondentin Ina Ruck eine noch merkwürdigere Diskussion auf dem Kurznachrichtendienst X angestoßen hat.

Ruck veröffentlichte das Bild einer Backpulverpackung und überschrieb den Beitrag mit "Guten Morgen aus dem Moskauer Supermarkt". Nun hat Moskau mehr als einen Supermarkt, der Artikel ist irreführend gewählt, und ja, die Backpulverpackung sieht aus, als wäre sie von Dr. Oetker, aber es steht Dr. Baker drauf. 

Auf den Eingangstweet gibt es eine Vielzahl von Antworten. Die meisten bezeugen, wie gut die deutsche Propaganda funktioniert, die unter anderem von Ina Ruck produziert wird. Ein Kommentar rät gar zur Vorsicht beim Fotografieren. Der Nutzer glaubt, man könne dafür in ein Straflager kommen. 

Nun ist Ruck der beste Beweis dafür, dass man in Russland ganz viel darf, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen zu müssen. Ruck berichtet einseitig, bedient ein antirussisches Narrativ und verbreitet Fakes. Bisher kam sie damit davon, ohne negative Folgen tragen zu müssen. In Russland kann man ganz offenkundig den größten Blödsinn über Russland erzählen und es bleibt straffrei. 

Ein anderer User glaubt, der Rückzug ausländischer Marken soll in Russland durch Nachahmerprodukte ersetzt und vor den Bürgern irgendwie verborgen gehalten werden, damit sie nicht merken, in welchem Elend sie sich befinden. Qualitätsbacken ohne deutsche Qualitätsprodukte geht ebenso wenig wie Qualitätsnachrichten ohne deutschen Qualitätsjournalismus – glaubt man zumindest in Deutschland.

Hinsichtlich des Tweets wären ganz viele Missverständnisse aufzudröseln. Was der Tweet allerdings gut zeigt ist, wie felsenfest die deutsche Propaganda in den deutschen Köpfen sitzt. Festzuhalten ist: In Deutschland wird man nicht adäquat über die Diskussion in Russland informiert. Die Ersetzung des Exports aus dem Ausland durch heimische Produkte ist in Russland ein ganz großes Thema. Die russische Regierung nimmt viel Geld in die Hand, um den Prozess zu fördern und zu beschleunigen. Das hat der russischen Wirtschaft einen regelrechten Schub versetzt.

Viele Nutzer wittern Markenklau und rufen nach strafrechtlichen Konsequenzen. Der Russe klaut unsere Logos. Dem muss Einhalt geboten werden.

Schließlich gibt es auch Nutzer, die das Geheimnis um das Backpulver aufklären, das aussieht, als sei es von Dr. Oetker, aber anders heißt. Sie werfen den Kommentatoren und wohl auch Ruck mangelhafte Recherche vor. Da ist was dran. Aber der Auftrag von Ruck ist eben nicht, zu informieren und aufzuklären, sondern zu desinformieren und Klischees zu bedienen. 

Das Familienunternehmen Dr. Oetker hat sich aus Russland zurückgezogen. Zwei ehemalige Manager haben die Marke übernommen und führen sie unter dem Namen Dr. Baker weiter. Ein entsprechendes Werk befindet sich in der Stadt Belgorod. All diese Informationen enthält Ruck vor. Sie sind aber wichtig zur Einordnung.

Nein, es handelt sich nicht um ein Nachahmer-Produkt, auch nicht um Ideenklau. Das Unternehmen Dr. Oetker hat seine russischen Aktiva verkauft. Die Wertschöpfung findet jetzt in Russland statt und kommt auch nur Russland zugute. Das sind für Deutschland keine guten Nachrichten, zumal Dr. Oetker nicht das einzige Unternehmen ist, das auf Einnahmen aus Russland verzichtet. Ina Ruck macht einen Witz auf Deutschlands Kosten. Hohe Kosten. 

Neben den deutschen Autobauern hat sich auch der deutsche Chemie-Riese Henkel aus Russland zurückgezogen. Henkel hat sein Russlandgeschäft zunächst abgespalten und schließlich verkauft. Die Henkel-Werke in Russland werden inzwischen von der Firma Lab Industries betrieben, hinter der sich eine russische Finanzholding verbirgt. Die Produkte, die früher Persil, Pril, Schauma, Vernel und Fa hießen, haben ihre Namen behalten, sie werden jetzt nur in kyrillischen Buchstaben dargestellt. Am Verpackungsdesign hat sich nichts geändert. Wie auch bei Dr. Baker handelt es sich nicht um Ideenklau, sondern um eine vertragliche Vereinbarung. 

Auch bei den ehemaligen Henkel-Marken findet jetzt der gesamte Wertschöpfungsprozess in Russland und unter Ausschluss Deutschlands statt. Für den Henkel-Konzern, der stark im Russlandgeschäft investiert war, ein schmerzlicher Verlust. Henkel hat sich immerhin ein zehnjähriges Rückkaufsrecht gesichert und hofft vermutlich auf die Rückkehr rationalen Denkens in die deutsche Politik. Auf Vernunft mag man im Zusammenhang mit Deutschland ja schon gar nicht mehr hoffen. 

Ina Ruck folgt zwar ihrem Thread und liest mit, klärt aber nicht auf. Dass sie dem Geschehen folgt, macht ein weiterer Tweet von Ruck deutlich. Ein User ärgert sich über die Desinformation, die Ruck verbreitet und wird ausfallend. Einen Screenshot davon stellt sie online. Da habe sich jemand am Backpulver verschluckt, meint sie. 

Die sich hinter ihrem Tweet verbergende Tragik für die deutsche Wirtschaft benennt sie weiterhin nicht. Dabei ist Deutschland wirtschaftlich aktuell nicht in einem Zustand, in dem man einfach mal so lapidar auf Einnahmen und Umsatz verzichten kann. Die deutsche Wirtschaft zeigt eine systemische Schwäche. Sie hat gerade ihr Geschäftsmodell verloren.

Einen zentralen Anteil daran haben die Russland-Sanktionen und das politische Drängen, deutsche Firmen sollen sich aus Russland zurückziehen. Auf die exportorientierte deutsche Wirtschaft hat das katastrophale Auswirkungen. Auf die russische dagegen kaum. Dr. Oetker heißt jetzt Dr. Baker, das war’s im Wesentlichen für Russland. Für Deutschland heißt es, Dr. Oetker hat sein Geschäft in Russland verloren. 

Ina Ruck bekommt für ihren Mut und die Qualität ihrer Berichterstattung dennoch viel Lob. Es sei guter Journalismus, glaubt eine Userin. Sie kennt es ja nicht anders, ist die wohl schlüssigste Erklärung für den einfältigen Tweet. 

Denn es ist ein Trugschluss. Ina Ruck macht keinen Journalismus, sie bedient ein Narrativ, desinformiert und verbreitet Klischees, zum Teil rassistische. Das lässt sich sowohl an ihren Tweets als auch an jedem einzelnen ihrer Berichte aus und über Russland erkennen. 

Eigentlich ist der Auftrag Rucks und der ARD nicht Desinformation zu verbreiten, sondern ausgewogen und objektiv zu berichten. Dass sie das nicht tun, wäre nicht weiter schlimm, würde es nichts kosten. Die Deutschen bezahlen für die Desinformation aus Moskau allerdings jeden Monat einen recht hohen Betrag. Aber diese Feststellung eröffnet eine ganz andere Diskussion über die GEZ-Medien, die man vor allem in Deutschland führen muss. 

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