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Eine Lösung für Macron: Die BRICS sollte einen Kindertisch aufstellen

Im Namen BRICS gibt es keinen Buchstaben "F" für Frankreich. Aber das hat den französischen Präsidenten Emmanuel Macron nicht davon abgehalten, zu versuchen, die BRICS mit "F" aufzupeppen.
Eine Lösung für Macron: Die BRICS sollte einen Kindertisch aufstellenQuelle: AFP © Christophe Simon

Von Rachel Marsden

Es ist noch gar nicht so lange her, dass westliche Staats- und Regierungschefs für die BRICS-Staaten keinerlei Zeit übrig hatten und die Wirtschaftsallianz wie das hässliche Mädchen von nebenan behandelten, das keinen zweiten Blick verdient. Aber jetzt, wo die BRICS erwachsen geworden ist und ein gewaltiges, kaufkraftbereinigtes BIP vorzuweisen hat, das laut dem Internationalen Währungsfonds jenes der G7 übertreffen wird, scheint dies bei Macron Verführungsinstinkte geweckt zu haben. Und wahrscheinlich auch seine Instinkte als Goldschürfer, angesichts des Reichtums an natürlichen Ressourcen, die sich innerhalb der BRICS-Mitgliedsstaaten und ihrer Partner vereinen, insbesondere bei jenen Partnern in Afrika. Und das in einer Zeit, in der Frankreich und Europa mit einem größeren Mangel an Ressourcen konfrontiert sind. Nicht nur durch das Kappen von günstiger russischer Energie wegen des Konflikts in der Ukraine, sondern auch wegen des Entzugs der "Willkommen"-Fußmatte durch diverse afrikanische Staaten, nachdem Frankreichs sogenannte militärische "Stabilitätseinsätze" zu einer Vielzahl von Staatsstreichen geführt haben.

Wenn irgendein westliches Staatsoberhaupt die Kühnheit hätte zu versuchen, an einem Gipfeltreffen teilzunehmen, das von Ländern abgehalten wird, die von seinem Staat andauernd schikaniert wird, wäre es sinnvoll, dass dies Macron wäre. Der französische Präsident hat ein einzigartiges Talent, aus beiden Seiten seines Mundes gleichzeitig zu sprechen. Einerseits kommt er der Agenda Washingtons entgegen, indem er der dort vorherrschenden Kampflinie gegenüber Russland und China folgt, während er gleichzeitig gelegentlich die Notwendigkeit anspricht, die strategische Autonomie der EU gegenüber Washington aufrechtzuerhalten. Aber wann immer eine Entscheidung zu treffen ist, folgt Macron letztlich der Washingtoner Agenda, auch wenn dies zum wirtschaftlichen Nachteil Frankreichs und der EU geschieht.

Aber allein die Tatsache, dass er diese Woche um eine Einladung zum 15. BRICS-Gipfel gebeten hatte, ermöglicht es Macron, den Anspruch auf Aufgeschlossenheit zu erheben. Er kann nun behaupten, dass er versucht habe, die Hand auszustrecken, aber seine Hand abgelehnt wurde. Das ist so, als würde man erst ein Mädchen schlechtreden und dann der ganzen Welt verkünden, dass man mit ihr kein Date haben wird – nachdem man von ihr zurückgewiesen wurde.

Jeder, der auch nur halb so viel Verstand hat, würde jetzt zu dem Schluss kommen, dass es das Beste wäre, Abstand zu nehmen und anzufangen, sich durch Taten zu beweisen, bevor nach einem neuerlichen Date gefragt werden kann. Die gute Nachricht für Macron ist, dass es keinen besseren Zeitpunkt für eine Bündnisfreiheit gibt. Insbesondere jetzt, da es sich für den durchschnittlichen französischen Bürger, der unter scheinbar endlos steigenden Lebenshaltungskosten leidet, nicht so gut ausgewirkt hat, sich der von Washington geführten Agenda des westlichen Lagers anzuschließen.

Macron wünscht sich so dringend einen Termin mit den BRICS-Staaten, dass die Wirtschaftsallianz mit ihm und anderen westlichen Staats- und Regierungschefs wirklich das tun sollte, was Macron selbst vergangenes Jahr vorgeschlagen hatte: Dass die Europäische Union für potenzielle Neu-Mitglieder einen "Kindertisch" aufstellt. Dieser neue "Baby-BRICS"-Gipfel könnte somit das Gegenstück zum Vorschlag von Macron bilden. Dieser sah vor, eine "Europäische politische Gemeinschaft" (EPG) von Ländern zu bilden, von denen man davon ausging, dass sie sich noch für eine vollständige EU-Mitgliedschaft beweisen müssen. Diese Länder könnten, parallel zum regulären EU-Gipfel der "Erwachsenen", eine Einladung zu einem kleineren Gipfel erhalten, sowie die Hoffnung, für ausgewählte Sonderhandelsbeziehungen und Zollvereinbarungen ausgewählt zu werden, die dann vor allem der EU zugutekommen.

Das nächste BRICS-Treffen sollte einen solchen "Kindertisch" aufstellen, so wie es die EU derzeit praktiziert. Nicht zu weit vom eigentlichen Veranstaltungsort entfernt, aber dennoch nicht nah genug, um die multipolare Agenda und Einigkeit der BRICS zu verunreinigen – oder um nicht davon traumatisiert zu werden, wie das bei unbeirrbaren Babys passieren könnte, was westliche Staatslenker nun mal sind. Man kann ihnen einen Clown vorbeischicken, der aus ein paar Ballons Tiere bastelt, damit sie von der Vielfalt an Ansichten und Analysen der BRICS-Erwachsenen abgelenkt werden können.

Man stelle sich vor, welche Art von Horror Macron hätte ertragen müssen, wenn er diese Woche tatsächlich am jährlichen BRICS-Gipfel hätte teilnehmen dürfen. Er hätte dem russischen Präsidenten Wladimir Putin per Videoschalte zuhören müssen, wie er darüber sprach, dass die internationale Wirtschaft durch illegitime Sanktionen ernsthaft beeinträchtigt wird. Im Wissen, dass Macron dieselben Sanktionen bejubelt hat, während er tatenlos zugesehen und es versäumt hat, das französische Volk gegen die daraus folgenden wirtschaftlichen Verwüstungen abzuschirmen.

Auch die Kritik des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa hätte er sich gefallen lassen müssen, der sich über eine "neue Welle des Protektionismus" beklagte. Es wäre für Macron eine Erinnerung daran gewesen, dass es ihm nicht gelungen ist, die Regierung von Joe Biden davon zu überzeugen, von ihrem protektionistischen Inflation Reduction Act (Gesetz zur Reduktion der Inflation) einen Rückzieher zu machen. Dieses Gesetz bevorzugt faktisch umweltfreundliche Fahrzeuge und Komponenten "Made in USA" zum Nachteil der EU – und vor allem zum Nachteil der Automobilindustrie von Frankreich und Deutschland. Macron hätte daran erinnert werden können, wie völlig nutzlos er als Staatsmann war, der nur noch darauf hoffen konnte, dass entweder Washington seine Meinung ändert oder dass es den BRICS gelingt, Frankreich beizustehen.

Er hätte dort sitzen und dem indischen Premierminister Narendra Modi zuhören müssen, wie er über Indiens Wunsch sprach, seine Interessen und seine globalen Partner noch stärker zu diversifizieren – was das Risiko beinhaltet, dass Frankreich ein noch kleineres Stück vom Kuchen abbekommen wird.

Macron wäre einem russischen Roulette beim Händeschütteln mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs ausgesetzt gewesen. Er hätte nicht im Voraus gewusst, ob er von einem oder von mehreren von ihnen einen frostigen Empfang erhalten würde, nachdem mehrere westafrikanische Nationen französische Truppen aus dem Land gewiesen haben – so wie zuletzt in Niger. Welches Land kommt wohl als Nächstes? Macron hat keine Ahnung.

Macron ist bekennender Bewunderer des ehemaligen französischen Präsidenten Charles De Gaulle, der Frankreich aus der NATO herauszog und die USA aus dem Land warf, um die Unabhängigkeit Frankreichs nach dem Zweiten Weltkrieg zu gewährleisten. Macron hingegen verpasste die Gelegenheit, dasselbe im Interesse von Frankreichs Wirtschaft zu tun, als die NATO einen Streit mit Russland um die Ukraine begann und das Land mit Waffen und militärischen Ausbildern überflutete. 

Obwohl sie sich ursprünglich als Wirtschaftsbündnis zusammengetan haben, können sich jetzt die BRICS-Staaten um Russland scharen und eine völlig neue multipolare Weltanschauung unterstützen. So weit kam es auch deshalb, weil man sich besser gegen isolationistische und strafende Sanktionen durch Washington und seine Vasallen absichern will. Wenn Macron es ernst damit meint, die BRICS-Staaten zu beeindrucken, dann sollte er vielleicht zunächst anfangen, mehr im Einklang mit der Unabhängigkeit Frankreichs zu handeln, zu der er stets Lippenbekenntnisse ablegt, immer in der verzweifelten Hoffnung, einen Kuss zu bekommen.

Bis dahin sollten ihm die BRICS-Staaten nur offizielle Einladungen übergeben, auf denen Zeichentrickfiguren und Clowns abgebildet sind und ihm einen Spaß mit dem beliebten Spiel "Steck dem Esel den Schwanz an" versprechen. Er kann mit dem Rest seiner EU-Freunde dann darüber beraten, wer von ihnen der Esel sein darf.

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Aus dem in Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite finden man unter rachelmarsden.com

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