Nahost

Huthi im Jemen trotzen USA und Israel und geben sich weiterhin kämpferisch

In den 20 Jahren ihres Bestehens hat sich die Bewegung der Huthi an die anhaltenden Kämpfe um ihren schiitischen Glauben und ihr schiitisches Land gewöhnt. Sie haben sich den USA, Israel und Saudi-Arabien widersetzt und Rache geschworen. Aber wer genau sind diese Huthis im Jemen?
Huthi im Jemen trotzen USA und Israel und geben sich weiterhin kämpferischQuelle: Gettyimages.ru

Von Abbas Juma

Ali Nasir Muhammad, ehemaliger Präsident des Südjemen von 1980 bis 1986, sagte in einer Rede bei einer Konferenz des Waldai-Klubs im Februar 2018:

"Zu meinem großen Bedauern können die Jemeniten die Situation nicht alleine bewältigen. Aber große Akteure in der Region und der internationalen Gemeinschaft können helfen, denn in ihren Händen liegt die Lösung. Deshalb bitten wir sie, unserem Land und unserem Volk dabei zu helfen, den Krieg zu beenden, die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch zu bringen und mit der Suche nach einer Lösung zu beginnen, die den Interessen aller Kräfte im Jemen, in der Region und in der Welt gerecht wird. Sicherheit und Stabilität im Jemen sind ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt."

Die meisten Menschen sind sich nur der globalen Themen bewusst, die in den Nachrichten auftauchen. Wenn die Medien über etwas nicht berichten, erhält man das Gefühl, dass ein Problem nicht existiert. Aus diesem Grund war die Krise im Jemen, im Gegensatz zu den Ereignissen in Syrien, im Irak oder in Afghanistan, für die meisten Menschen auf der Welt lange Zeit ein vages und fernes Thema geblieben.

Aber in diesen Tagen, in denen sich die Jemeniten den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten entgegengestellt haben, sind die Dinge plötzlich anders. Die Bewegung der Huthi war die einzige Gruppierung in der Region, die es wagte, die Wahrheit über die Ereignisse in Gaza und Palästina anzusprechen und sich für die Sache der Palästinenser einzusetzen. Und plötzlich waren die Huthis in aller Munde.

Am 12. Januar griffen die USA und Großbritannien die Huthis im Jemen aus der Luft an. Der Angriff war eine Reaktion auf die Seeblockade der Meerenge von Bab al-Mandab, mit der die Huthis Schiffe in israelischem Besitz – sowie Schiffe, die von und nach Israel fahren – nicht mehr passieren lassen. Millionen Menschen auf der ganzen Welt unterstützen die Huthis, die offiziell als Ansar-Allah-Bewegung bekannt sind. Es ist wohl an der Zeit, mehr über diese Bewegung herauszufinden und ein tieferes Verständnis dafür zu erlangen, was im Jemen vor sich geht.

Ununterbrochener Krieg

Es ist ziemlich schwierig, die Menschen im Jemen mit Luftangriffen zu schockieren. Viele Jahre lang tobte in der Region ein blutiger Krieg zwischen den Regierungsbehörden und den aufständischen Huthis. Die Situation verschärfte sich im Jahr 2015 dramatisch, als eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition arabischer Länder in den Konflikt eingriff. Nach Angaben des Jemen-Zentrums für Menschenrechte und Entwicklung wurden in den drei Jahren der Kämpfe im ganzen Land über 10.000 Zivilisten getötet. Zu den Opfern zählten rund 2.000 Frauen und 2.500 Kinder.

Im November 2017 beschlossen Saudi-Arabien und seine Verbündeten, alle jemenitischen Grenzübergänge, Seehäfen und Flughäfen zu blockieren. Dadurch wurde das zerstörte Land einer totalen Blockade ausgesetzt, was wiederum zu einer humanitären Katastrophe führte. Zusätzlich zu denen, die bei den Kämpfen ihr Leben ließen, starben in der Folge Tausende an Hunger und Cholera. Nachdem schließlich die Seehäfen des Landes wieder freigegeben wurden, eine Luftbrücke zur jemenitischen Stadt Ma'rib etabliert werden konnte und den Jemeniten humanitäre Hilfe zukam, löste dies die Probleme des Landes jedoch nicht vollständig. Bis heute benötigen immer noch mehr als 70 Prozent der Bevölkerung humanitäre Hilfe.

Die Huthis treten in Erscheinung

Nach der Vereinigung des Südjemens mit dem Nordjemen im Jahr 1990, stürzte der Jemen ins Chaos. Der derzeitige Konflikt begann mit einem Zwist zwischen Sunniten und Schiiten im Jahr 2004. In Saʿda, einer der ältesten mittelalterlichen Städte im Nordwesten Jemens, lehnten sich die Schiiten gegen die sunnitischen Regierungsbehörden auf, von denen sie behaupteten, sie unterdrücken die Schiiten aus religiösen Gründen und sie seien korrupt. Die religiöse Minderheit verlangte daraufhin eine Unabhängigkeit, worauf kurz darauf ein bewaffneter Aufstand begann.

Angeführt wurde die Rebellion vom Schiiten Hussein Badreddin al-Huthi, der Ende 2004 getötet wurde. Deshalb werden die Kämpfer der Bewegung heute "Huthis" genannt. Offiziell heißt die Bewegung jedoch "Ansar Allah" (Unterstützer Gottes). Nach dem Tod von al-Huthi, übernahm sein Bruder Abdul-Malik al-Huthi seinen Posten und die Kämpfe gingen weiter. Die jemenitischen Behörden nannten die Huthis eine "proiranische fünfte Kolonne". Als Reaktion darauf warf die Bewegung dem politischen Establishment im Jemen Verrat vor und beschuldigte es, den Interessen des Wahabismus der Saudis zu dienen. Im Jahr 2010 gelang es beiden Seiten jedoch, eine Einigung zu erzielen, und es kam zu einem lang ersehnten Waffenstillstand. Doch der hielt nicht lange.

In den Jahren 2010 und 2011 brachen im gesamten Nahen Osten, im sogenannten Arabischen Frühling, eine Reihe revolutionärer Aufstände aus – auch im Jemen. Tausende zornige Jemeniten gingen auf die Straße und forderten den Rücktritt von Präsident Ali Abdullah Saleh, der das Land 33 Jahre lang regiert hatte. Der Präsident leistete lange Zeit Widerstand und überlebte sogar ein Attentat auf ihn. Schließlich sah er sich jedoch im November 2011 gezwungen, während eines Aufenthalts in Saudi-Arabien, abzutreten. Im Februar 2012 wurde der prosaudische Abed Rabbo Mansur Hadi zum neuen Präsidenten gewählt. Die Behauptungen der Huthis, Saudi-Arabien habe sich in die inneren Angelegenheiten des Jemen eingemischt, sind keineswegs unbegründet.

Der Arabische Frühling endet und der Krieg beginnt

Der Rücktritt von Saleh und die Machtübernahme eines neuen Präsidenten konnten die Probleme des Landes keineswegs lösen. Im Gegenteil: Die Huthis wurden immer mächtiger und die Korruption nahm stetig zu, während die Zahl der Armen und Arbeitslosen im Land zunehmend anstieg.

Inmitten von Hass und Bürgerkrieg griffen die Huthis erneut zu den Waffen. Doch dieses Mal kämpften sie nicht nur gegen die Regierungsbehörden, sondern auch gegen Kämpfer der Al-Qaida, gegen die politische Partei Al-Islah – die lokale Version der Muslimbruderschaft – und gegen andere Radikale. Der neu gewählte Präsident, der keinen Dialog mit den Huthis aufnehmen wollte, goss dabei nur noch mehr Öl ins Feuer.

Daraufhin übernahmen Kämpfer der Ansar Allah im Sommer 2014 die Kontrolle über die nördlichen Provinzen Amran und Saʿda und säuberten sie von terroristischen Elementen. Als die Huthis schließlich die Hauptstadt Sanaa erreichten, musste Hadi nach Aden fliehen. Als auch Aden von den Huthis eingenommen wurde, floh der jemenitische Präsident schließlich nach Saudi-Arabien. Bemerkenswerterweise hatte sich Hadi zunächst auf die Seite der Huthis gestellt. Trotz zahlreicher Versuche von Feinden, dieses Bündnis zu spalten, schien die Zusammenarbeit zwischen Saleh und den Huthis – zumindest zu einem gewissen Zeitpunkt – recht eng zu sein.

Saudi-Arabien kommt ins Spiel

Die Erfolgswelle der Huthis auf dem Schlachtfeld hat nicht nur Hadi aus dem Land vertrieben, sie löste auch in Saudi-Arabien heftige Besorgnis aus. Im März 2015 gab das saudische Königreich den Beginn einer internationalen Militäroperation gegen die Organisation Ansar Allah bekannt und erklärte sie zur Terrororganisation. Geeint durch die Phobie gegen alles"Schiitische", wurde eine Koalition arabischer Länder gebildet, an der sich Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Bahrain, Kuwait, Nordsudan, Ägypten und Pakistan anschlossen. Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) machte später Saudi-Arabien für die humanitäre Krise im Jemen verantwortlich.

"Saudi-Arabien sollte 100 Prozent des Bedarfs für die Bekämpfung der humanitären Krise im Jemen finanzieren", sagte David Beasley, der Exekutivdirektor des WFP. "Entweder den Krieg beenden oder die Krise finanzieren. Oder die dritte Option: Beides tun."

Ende der Allianz zwischen Saleh und den Huthis

Es wird angenommen, dass die Worte "Auch dies wird vorübergehen" in den Ring von König Salomo eingraviert waren. Und wieder einmal erwies sich dieser Sinnspruch als wahr. Saleh und die Huthis – die einst Seite an Seite gegen ausländische Interventionen und gegen die Regierungsbehörden gekämpft hatten – wurden schließlich zu erbitterten Feinden. Dies kam jedoch in keiner Weise überraschend. Der frühere Präsident wollte unbedingt wieder an die Macht kommen und behandelte die Huthis lediglich als zweckdienliche Verbündete.

Im November 2017 versuchte die Ansar-Allah-Bewegung, Saleh und seine Familie zu verhaften. Damals gelang es beiden Seiten, eine Einigung zu erzielen. Doch dann kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung. Saleh nannte die Huthis "Rebellen" und warf ihnen vor, einen Bürgerkrieg anzetteln zu wollen. Er appellierte außerdem an Saudi-Arabien, die Blockade des Jemen aufzuheben und einen Dialog einzuleiten. Bei den Kämpfen kamen auf beiden Seiten Hunderte Menschen ums Leben. Saleh selbst wurde ermordet.

Schlussfolgerung

Den Jemeniten sind Krieg und Luftangriffe nicht fremd. Sie hielten dem Druck der Nachbarländer stand und wurden mithilfe Irans militärisch gestärkt. Der Koalition gegen die Huthi ist trotz moderner Waffen und erheblicher Investitionen in die Bemühungen nicht gelungen, Ansar Allah zu besiegen. Der Gruppierung gelang es sogar, eine Raketenabwehr zu organisieren, ein Gebiet in der Nähe des internationalen Flughafens von Riad und saudische Militärstützpunkte anzugreifen.

Und jetzt trotzen die Huthi den Vereinigten Staaten und Israel.

Mehr zum ThemaIranischer General warnt vor Sperrung des Mittelmeers, wenn "Verbrechen" im Gazastreifen andauern

Übersetzt aus dem Englischen.


Abbas Juma ist ein international tätiger Journalist und politischer Kommentator für den Nahen Osten und für Afrika.

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.