Afrika

Uranvorkommen in Niger: Für Frankreich steht viel auf dem Spiel

Paris hat geschworen, seine Interessen in dem westafrikanischen Land zu schützen, das nach einem militärisch angeführten Putsch die Lieferungen des für Paris kritischen Rohstoffs Uran nach Frankreich ausgesetzt hat.
Uranvorkommen in Niger: Für Frankreich steht viel auf dem SpielQuelle: AFP © Ludovic Marin

Von Rachel Marsden

Der französische Präsident Emmanuel Macron reagierte umgehend auf einen innerstaatlichen Konflikt, der 6.000 Kilometer von Paris entfernt stattfand. Er verkündete, dass Frankreich, ohne zu zögern, auf jegliche Bedrohung gegen französische Interessen reagieren werde, nachdem ein militärisch geführter Putsch über die ehemalige französische Kolonie Niger gefegt war. Was könnte Macron am Militärputsch im uranreichen Niger so beunruhigt haben, fragt man sich.

Die Anführer des Putsches haben deutlich gemacht, dass jede Intervention von außen mit Gegengewalt beantwortet wird. Sie beschuldigten Frankreich zudem, militärisch intervenieren zu wollen, um den gestürzten Präsidenten des Landes wieder einzusetzen. Die französische Außenministerin, Catherine Colonna, wies die Beschuldigungen aus Niger mit der Begründung zurück, dass "Frankreichs einzige Priorität die Sicherheit unserer Staatsangehörigen ist". Wo haben wir diese Art von Bescheidenheit schon einmal erlebt? Wie wäre es mit Libyen, wo eine von Frankreich angeführte "humanitäre" Mission zum Schutz nordafrikanischer Zivilisten letztendlich in einen vom Westen unterstützten Putsch gegen den legitimen Staatsführer mündete?

Wie kamen die Putschisten in Niger überhaupt auf die Idee, dass Frankreich ein Interesse daran hätte, in seiner ehemaligen Kolonie militärisch einzugreifen? Es könnte etwas mit einer Erklärung aus dem französischen Präsidentenpalast vom vergangenen Sonntag zu tun haben, in der es hieß: "Jeder, der französische Staatsangehörige, französische Armeeangehörige, französische Diplomaten und französische Interessen angreift, wird eine sofortige und harte Reaktion Frankreichs erleben."

Und mit französischen Interessen meinen sie vor allem eines: Uran. Niger ist Frankreichs wichtigster Lieferant des Minerals und liefert 15 Prozent des Gesamtbedarfs des Landes und ein Fünftel des Bedarfs der Europäischen Union. Uran ist ein absolut entscheidendes Element für die Stromversorgung der französischen Kernreaktoren. Die Energieunabhängigkeit Frankreichs hängt ironischerweise von Niger ab. Es ist wie mit dem reichen Kind, das einen Ferrari fährt, den Papa ihm zur Verfügung gestellt hat, aber auf den ersten Blick wie ein selbst erarbeiteter Erfolg aussieht. Daher ist es nicht schwer, sich vorzustellen, dass Uran ziemlich weit oben auf der Liste der französischen Interessen steht, die Paris unbedingt schützen möchte.

Der Anreiz für Frankreich, in Niger einzugreifen, wächst zweifellos, da die jetzt amtierende Militärregierung den Export von Uran und Gold nach Frankreich ausgesetzt hat. All dies kommt zu einem wirklich schlechten Zeitpunkt für Paris, das derzeit noch stärker auf seine Atomkraft angewiesen ist, nachdem es sich zusammen mit dem Rest der EU vom günstigen russischen Gas abgeschnitten hat, um den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij zu beeindrucken – genau wie die Jungs in den Studentenverbindungen in Aufregung geraten und dann dumme Dinge tun, um junge Mädchen zu beeindrucken, wie zum Beispiel von einem Dach in eine Badewanne zu springen.

Deutschland steht bereits am Rande der Deindustrialisierung, weil Europas Wirtschaftsmotor nicht mit Wind und Sonne betrieben werden kann. Wer konnte das schon kommen sehen? In Berlin anscheinend niemand. Aber zumindest hatte sich Frankreich nicht vollständig auf Berlins grüne Fantasien eingelassen und nicht alle seine Atomkraftwerke stillgelegt, obwohl Macron sicherlich in diese Richtung gehen wollte.

Plan B nach der Kappung des russischen Gases bestand also darin, diese Atomkraftwerke wieder ans Netz zu bringen. Frankreich muss jetzt allerdings auf das Uran aus Niger verzichten. Aber das sollte kein Problem sein, oder? Denn Frankreich hat andere Lieferanten, beispielsweise Kasachstan und Usbekistan. Aber wer kontrolliert weitgehend die Transportwege dieser Lieferungen nach Europa? Der staatliche russische Atomkonzern Rosatom. Das lässt Paris nicht wirklich viel Spielraum übrig.

"Ich möchte es klar sagen: Frankreich ist für den Betrieb seiner Kernenergie-Infrastruktur nicht von Russland abhängig", sagte vergangenes Jahr die französische Ministerin für Energiewende, Agnès Pannier-Runacher. Das lag daran, dass es damals immer noch Niger gab. Und was jetzt?

Zwischen all diesen egoistischen ausländischen Interessen geht der Wille der Bürger Nigers verloren. Die Leidenschaft, die Frankreich und der Westen für die Wiedereinsetzung des ehemaligen Präsidenten an den Tag gelegt haben, lässt darauf schließen, dass er angemessen auf ihre Bedürfnisse eingegangen ist. Der Andrang der Bürger Nigers auf den Straßen Nigers deutet jedoch darauf hin, dass er sich nicht angemessen um ihre Bedürfnisse gekümmert hat.

Ministerin Colonna deutete an, dass die Situation von Russland ausgenutzt werde, aber wessen Schuld ist das? Die langjährige militärische Omnipräsenz Frankreichs und seine Beziehungen zu Staatsoberhäuptern in der afrikanischen Sahelzone, haben bereits dazu geführt, dass Frankreich aus der Region vertrieben wurde, wodurch ein Vakuum für neue potenzielle Partnerschaften geschaffen wurde, insbesondere mit Nationen, die nicht nur als Trojanisches Pferd für US-Interessen dienen, wie es bei Frankreich der Fall ist.

Wenn es um den Konflikt in der Ukraine geht, stellt Macron die Interessen der Ukrainer in den Mittelpunkt. Doch nachdem es in Niger zu Unruhen gekommen war, drehte sich plötzlich alles um französische Interessen. Macron sagte den leisen Teil ausnahmsweise mal laut. Vielleicht weil Washington ihn zu dem Thema, das für Europa von größerer strategischer Bedeutung als für die USA ist, ohne Argumente im Regen hat stehen lassen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die italienische Premierministerin Giorgia Meloni Frankreich auf der Weltbühne anprangerte und die kolonialen Interessen des Landes in all ihrer Pracht bloßstellte. Als sie 2019 in der Opposition war, bezeichnete Meloni den französischen Franc der "Finanzgemeinschaft Afrikas" – eine umstrittene Währung, die in 14 afrikanischen Ländern verwendet wird, an den Euro gekoppelt ist und in Frankreich gedruckt wird – als "Kolonialwährung", durch den Frankreich einen Münzprägegewinn erwirtschaftet und damit die Ressourcen dieser Nationen ausbeutet.

Wie auch immer Macron versuchen mag, seine Aktionen und Frustrationen als "Verteidigung der Demokratie" darzustellen: Wenn es um Afrika geht, steht Frankreich zum jetzigen Zeitpunkt auf der Weltbühne, während seine Interessen für alle sichtbar, aus seinen hochwertigen Lacoste-Unterhosen hängen.

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Aus dem Englischen

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man unter rachelmarsden.com

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